Pünktlich zum Sonnenaufgang war ich munter. Ich machte mir Kaffee und schaute mir ein letztes Mal die Wüste in der Morgensonne an. Nun war es vorbei, das Abenteuer Sahara. Definitiv. Jetzt noch bis Erfoud und dann geht’s strikt gen Norden. Eine grauenhafte Vorstellung. Was gäbe ich jetzt dafür, hier noch viel mehr Zeit zu haben… wohl so Einiges, nehm ich an. Der Erg Chebbi hier ist wirklich eine wundervolle Gegend von Marokko. Auch wenn die Sanddünen jetzt nicht unbedingt der Hammeranblick sind, wenn du Mauretanien kennst. Aber trotzdem sehr schön anzuschauen. Eine Negativerscheinung gibt es allerdings…
Kurz nachdem ich mit meinem Kaffee durch war und ich den Blauen wieder sattelte zur Weiterfahrt, ging es mit besagter Negativerscheinung los. Der Verkehr nahm zu. Ich fühlte mich plötzlich nicht mehr wie in der verlorenen Wüste. Von allen Seiten kamen sie an und schwafelten irgendeinen Dreck von Fossilien. Hier vom alten versteinerten Korallenriff. Ja, das gibt’s wirklich, hab ich auch als Orientierungspunkt für die vor mir liegende Pistenfahrt im GPS drin. Und natürlich will hier jeder wieder was verkaufen. Das passiert dir eben in Mauretanien nicht. Dort gibt’s, vor allem derzeit, keine Touristen. Aber gut, mein Fell ist ja bekanntlich sehr dick. Die meisten hauten auch gleich wieder ab, als ich sagte, dass er sich gerne die Mühe machen könne, um sein Zeug vor mir auszubreiten, ich würd aber sowieso nix kaufen. Einer hat die Ansage wohl nicht kapiert…
Er legte los. Ich ignorierte ihn. Ich machte weiter den Daimler für die Abfahrt klar. Schaufel und Sandbleche in Position auf dem Träger, kurzer Orientierungsmarsch in Richtung Hauptpiste, um den Untergrund auszukundschaften… aber der kramte immer weiter in seinem Rucksack. Natürlich hat der angefangen, seinen Scheiß direkt vor die Front meines Boliden zu breiten. Ich hätte also drüberfahren müssen. Rückwärts ging nicht, da Weichsand und ohne Schwung wär ich sofort hängengeblieben. Also ignorierte ich ihn einfach fleißig weiter, rauchte noch eine Kippe und dann schien er es begriffen zu haben. Er packte zusammen und zog davon.
Dann gab ich Gas, erster Gang und Vollgas, die Reifen immer noch auf 0,2 bar und ich kam ohne Probleme zur Piste vor. Da war gleich der erste Stopp auf der heutigen Etappe vorgesehen. Piste heißt: Befestigt. Also auch Schotter. Das hat zur Konsequenz: Reifen aufpumpen. Kompressor raus und los. Ich bekam wieder Besuch. Der war aber ganz angenehm… er sei Reiseveranstalter und bietet hier Jeep-Touren an. Die, die ich auslache… Hier mit dem Jeep. Auf Dünenkämmen hab ich noch keine gesehen. Auch nicht hier im Weichsand, wo ich unterwegs war. Nur auf den Pisten, die mir wie Autobahnen vorkamen. Wegen dem bissel Wellblech brauch ich kein Allrad mit 50cm Bodenfreiheit. Der Fahrer macht’s eben.
Jedenfalls quatschten wir ganz nett und ich erzählte ihm auch, dass ich Reiseleiter sei. Wir einigten uns darauf, uns auszutauschen, ich könne ihm ja Touris schicken usw. Natürlich wurde die Einigung mit INSHALLAH beendet. Das ist so geil. Alle sind zufrieden… Ich hatte ne nette Unterhaltung und werde ihn nicht beleidigen, nur weil ich keine Touris zu seinen Touren schicke. Er freut sich, meine Bekanntschaft gemacht zu haben und wenn ich mich nicht melde, wollte Gott das eben nicht. Punkt aus. Manchmal hat das ganze Religionszeug doch auch Vorteile.
So gings also weiter… Immer schön auf Erfoud zu. Die Piste war hervorragend. Ich setzte allerdings die Marschgeschwindigkeit nicht allzu hoch an, um die Landschaft zu genießen. Wann bekommst du mal so ne gute Piste in so schöner Umgebung? Meistens eben nicht, da bist du mit dem Untergrund und Fahren beschäftigt und die Landschaft wird nicht wahrgenommen. Die Orientierung war auch sehr einfach… vor allem dank des GPS mit den Därr-Koordinaten. Kurz vor der Asphaltstraße, die nach Erfoud führt, überholte mich wieder so ne Truppe Wahnsinniger mit ihren High-Tech Geländewagen. Auch mit den Autos sehen die doch nix von der Gegend. Das versteh, wer will.
Auf der Asphaltstraße fuhr ich dann gleich rechts ran, weil ich jetzt definitv keine Schaufel oder Bleche mehr brauchen würde. Ich konnte die also wieder auf dem Träger anketten und abschließen. Da kamen dann, während ich am Träger rumfummelte, so ca. 8 Jeeps vorbei. Arabische Fahrer, europäische Mitfahrer. Wohl ne Jeep-Safari von Pauschaltouristen. Leider konnte ich die Blicke und Gesichter nicht ablichten, wie die aus den Jeeps auf meinen gewöhnlichen PKW schauten. Die Blicke sagten soviel wie: „Wie zum Teufel kommt der hierher? Doch nicht über die Piste wie wir?? Aber sonst gibt’s ja keinen Weg…?“ Ich winkte einfach freundlich.
Vor der Oase Erfoud kam noch eine Furt, einmal Unterbodenwäsche bitte, und ich war im Ort. Da stellte ich an nem Geldautomaten noch Bares auf, ging noch Tanken und quatschte dort noch mit den überaus netten Tankwarts und blies dann auf zur Fahrt in Richtung Norden. Ar-Rachidia, Midelt, Azrou, Meknes. So war der Plan. Ein weiteres Mal über den Hohen Atlas. Ich freute mich darauf.
Die Landschaft war auch wunderschön. Berge, schmale Straßen… herrlich. Es passierte allerdings nichts Bedeutendes unterwegs. Vor Ar-Rachidia lagen noch die Source Bleue. Irgendwelche blauen Quellen, ein Campingplatz gibt’s da auch noch… und wenn ich schonmal hier bin, schau ich mir das auch an. Ich fand den Abzweig von der Straße sofort. Es ging runter in ein Tal und es musste dann Eintritt bezahlt werden. Von mir aus… waren nur 20 Dirham, also 2 Euro. Ich parkte. Und wo zum Teufel soll jetzt hier die Attraktion sein? Hm… da ist kristallklares Wasser, eine Quelle. Paar Palmen drumrum. Okay… dann haben wir da noch die Joghurtbecher rumstehen und ein befestigtes Schwimmbecken, das augenscheinlich von der Quelle gespeist wird. Da wackelte ich mal hin.
Da sprach mich ein Araber an. Ich nenn ihn jetzt mal Mustafa, weil mir sein Name entfallen ist. Er erklärte mir jetzt also alles Mögliche, war zwar ganz nett, aber umgehauen hat mich das Teil hier jetzt wirklich nicht. Für mich kein lohnenswerter Abstecher. Zum Campen ganz nett, wenn man auf Gesellschaft steht. Es gibt einen Supermarkt, Cafe… naja. Nicht mein Fall. Lieber in der Pampa. Und weils hier nunmal nix zu sehen gab, ging ich mit Mustafa in seinen Laden. Wir unterhielten uns sehr nett, er machte frischen Tee und er zeigte mir auch Bilder bei Google; voller Stolz sein Heimatdorf in Marokko. Hier sei er nur wegen der Touristen. Es gäbe wenige wie mich, meinte er. Das kann ich sehr gut verstehen. Hier siehst du echt nur Joghurtbecher rumfahren… Natürlich hat auch er versucht, mir was zu verkaufen, oder zu „ertauschen“ natürlich ohne Erfolg. Aber wenn man’s richtig anstellt, ist hinterher auch keiner beleidigt.
Ich verabschiedete mich dann, dankte für den Tee und das nette Gespräch und ich fuhr weiter. Also meiner Meinung nach muss man den Quatsch da unten nicht gesehen haben.
Nach Ar-Rachidia wurde die Landschaft wieder spektakulär, die Schlucht von Ziz, dann eine Hochebene. Hier gab es wieder einige Polizeikontrollen. Ich hoffte schon, dass ich noch ein paar fiiiiiche loswerden könne. Auch wenn die nicht wollen, können sie doch mitnehmen. Mich nerven die nur. Aber nix… die wollten nicht mal quatschen, winkten mich einfach durch. Na von mir aus. Dann gings wieder über die Berge. Eine frische, waldige Landschaft tat sich auf. Da machte ich dann mal Mittagspause. Ich kochte mir ne Kleinigkeit, machte mir nochmal Kaffee und beobachtete einfach die Schafe hier an den Steilhängen.
Als ich wieder weiterfuhr, hatte ich einen Bus vor mir, mit irgendwie lustiger MAN-Werbung drauf. Azrou kam immer näher.
Da traute ich meinen Augen nicht… Die Abfahrt in den Ort führte durch wohlriechenden Zedernwald und als die ersten Häuser auftauchten, dachte ich schon, ich wär vorhin mal falsch abgebogen oder so… ich kam mir vor, wie in der Schweiz. Diese Holzarchitektur, dazu der Wald und die bergige Gegend… ausgeschilderte Skigebiete… man hätte sich auch fragen können, warum die Schweizer alles in Arabisch nochmal auf die Schilder schreiben. Der Wahnsinn… dieses Land überrascht mich immer wieder aufs Neue. Facettenreicher geht’s eigentlich nich t.
Hinter Azrou stoppte ich mal. Ich wollte Rolf anrufen, der Chef da in Frankfurt, wo meine Klimaanlage herkommt. Der hat ja in Meknes ein Häuschen, wo er mittlerweile auch schon angekommen sein musste. Wir wollten uns eigentlich treffen. Allerdings schlugen alle Versuche, ihn zu erreichen, fehl. Also: Planänderung. Dann verzichte ich auf Meknes und fahr schnurstraks nach Fes. Därr raus und mal nach Campingmöglichkeiten suchen. Der Diamant Verte hörte sich gut an. Im GPS mal nachschauen: Tatsächlich auch als „Point of Interest“ vorhanden. Also, dahin.
Der Verkehr wurde dann auch immer dichter, leicht dunkel würde es auch schon bald werden… also auf. Dann kams natürlich, wie es kommen musste. Der Markus war natürlich zu geizig, paar Cent für paar Kilometer Autobahn auszugeben. Das rächte sich. Die andere Straße war gesperrt und es ging durch irgendwelche hässlichen Vorstadtkäffer über ziemlich schlechte Straßen, teilweise sogar pistenartig, weiter. Und ich wollte endlich ankommen. Eine Zigarette nach der anderen war fällig, Fluchtiraden inbegriffen, wenn ich feststellen musste, dass die Drecksumleitung immer noch nicht vorbei ist. Aber irgendwann, im Dämmerlicht bereits, erreichte ich auch so Fes. Das GPS lotste mich ohne Probleme zum Camping. Nur dort hatte ich dann Schwierigkeiten, die Einfahrt zu finden. Ich sah nix, keine Wohnwägen, gar nix, nur Grillplätze. Aber ich musste da sein… eigentlich.
Ich fuhr also mal da runter, zu den Grillplätzen. Am Wochenende bestimmt brechend voll mit Stadtmenschen, da der Platz hier etwas außerhalb der Stadt in einem Wald liegt. Ich stieg dann mal aus und kundschaftete. Da fand ich auch den Eingang. Zurück zum Auto, aufsitzen und rein da. Ich parkte, checkte noch ein, quatschte noch mit dem Rezeptionsmann und wollte dann weiter nach hinten fahren, um mir ein Plätzchen zu suchen. Motor anlassen, Gang rein, Kupplung kommen lassen…. Nichts. Motor heult auf, Daimler steht. Hm??? Achja… die Handbremse! Nö, ist nicht gezogen. Was zur Hölle ist denn nun los?? Zweiter Gang? Dritter Gang? Rückwärtsgang? Auf der ganzen Linie tot. Das musste jetzt noch sein, oder? Verfluchte Scheiße!! Wird’s mir morgen schon nicht langweilig… ich geh jetzt erstmal was futtern und dann schlafen. Mir doch jetzt auch egal hier… ist ja schon dunkel.
Ich ging also hinter zum Restaurant und bestellte mir Putenfilet mit Pommes, dazu Cola, Bier gabs keins. Dann wackelte ich zurück und ging IM Daimler schlafen. Bin ja mal gespannt, was das mit der Unbewegtheit wieder ist…
Rkm 16 940 / 375 802